Allerlei Erinnerungen habe ich an unsere Führerfahrt, sowohl an alle Planungen davor, den Hajk dazwischen, als auch alles danach. Für mich eine der eindrucksvollsten Erlebnisse meines Pfadfinderjahres und ich glaube auch eine packende Erinnerung für alle anderen Teilnehmer. Warum das so war und was das eigentlich bedeutet, eine Führerfahrt zu machen, das darf ich euch gerne kurz oder länger schildern. Macht es euch bequem. Holt euch ein Tässchen Fahrtengetränk, legt die Füße hoch und denkt an eure eigene letzte Fahrt oder vielleicht sogar eure letzte Führerfahrt zurück.
Klar, Führerfahrt muss etwas Besonderes sein, sonst hätte das Ding keinen eigenen Namen verdient. Wir haben das immer schon interpretiert als ein besonderes Erlebnis für unsere erfahreneren Pfadfinder unter uns, in der Regel sind das natürlich wir Gruppenführer. Es muss also auch irgendwo hingehen, das uns persönlich reizt und uns an neue Grenzen bringt. Sehr wörtlich mussten wir das dieses Jahr nehmen und planten so unsere Fahrt zur tschechisch-polnischen Grenze, ins Riesengebirge. Oder auch Giant Mountains. Im tschechischen Original Krkonoše oder polnisch Karkonosze. Klingt so, als wär das ne Sache, oder? Aber hast du schon Mal davon gehört?
Ich zumindest habe davor noch nichts davon gehört und fand den Vorschlag aber gleich gut, nachdem wir positive Erfahrungen im Tatragebirge zwei Jahre zuvor gemacht haben. Ich dachte, das geht wohl in eine ähnliche Richtung (tut es aber gar nicht) und der Vorschlag war gleich angenommen. Lasst euch sagen: Ihr findet hier ein kleines Paradies, dort, wo ihr es vielleicht gar nicht erwartet habt. Wundert euch aber nicht, wenn es ganz Polen und Tschechien in ihr kleines touristisches Urlaubsparadies zum Campen und Wandern zieht, allein werdet ihr hier nicht sein. Wir hatten so zumindest tolle Attraktionen, schöne Wanderwege, genug Einkaufsmöglichkeiten und ausreichend Wasser. Und konnten trotzdem problemlos wild zelten.
Doch wie kommt es von der Festlegung des Zielorts zum fertig geplanten Hajk? Bestimmt bin ich nur ein bisschen stolz drauf und größtenteils peinlich berührt, wenn ich euch sage: Wir haben das mehr oder weniger ne Woche vorher gemacht und es hat zum Glück geklappt. Oft mangelt es schlicht an der Zeit, die Planungen voranzutreiben. Vielleicht lag es an der kurzfristigen Planung, dass bis dahin schon viele eigentlich motivierte und begeisterte Teilnehmer abgesprungen sind, aber wieso lange mit Frust aufhalten und nicht einfach mit den Verbliebenen genießen, was zumindest ich langersehnten Urlaub nennen mag. Lasst euch von diesen Worten nicht beirren. Es gehört ein Stück Erfahrung und die richtige Motivation dazu, dann sind auch kurzfristige Planungen – so suboptimal sie für die Gemüter auch sind – durchaus möglich und stellen für die Gruppe eine eigene Herausforderung dar.
Natürlich hat jeder Teilnehmer vorab Aufgaben zur Planung und zur Information über das Fahrtenziel bekommen und das gemeinsame Packliste schreiben und Vorbereiten hat auch wunderbar geklappt. Wir sind nun einfach losgefahren, ohne irgendwelche Rollen zuzuweisen. Im Sinne von, Du hast die Karte, Du schreibst die Einkaufsliste, Du hältst alle zusammen oder Du bist der Zeltplatzsucher. Ich persönlich – natürlich war ich als Stammesführer und Bezirksführer irgendwie der Fahrtenleiter – habe die Dinge einfach laufen lassen. Macht mir weniger Arbeit und ich kanns als pädagogisch wertvolle Maßnahme verkaufen. Ich behaupte nun einfach, ich wollte mal sehen, wie sich die einzelnen Gruppenführer in ihrer Rollenverteilung sehen, welche Aufgaben sie für die Gruppe übernehmen oder wie weit sie sich verantwortlich fühlen, die Führung der Gruppe bei sich zu sehen.
Ich bin ziemlich begeistert, wie sich alle Teilnehmer fast immer vorbildlich um die eigene Gruppendynamik bemüht haben, sich gegenseitig geholfen haben und die Fahrt für alle zu einem schönen Erlebnis gemacht haben. Ich will nicht alles schönreden, es gab natürlich Konflikte, die aus genau der Methodik oder Nicht-Methodik des Führens entstanden sind. Aber die gehören unbedingt dazu! Woran wollen wir Gruppenführer denn wachsen, wenn wir uns nicht in neuen Situationen und Konflikten beweisen können?
Ich kann stolz sein. Ich bin mir zwar fast sicher, dass nicht jeder Teilnehmer die gleichen Gedanken bei dieser Fahrt hatte oder sich entsprechend Gedanken macht, wie ich sie euch gerade schildere. Aber genau das hat der Gruppe und jedem Einzelnen auf dieser Fahrt gutgetan. Ohne Vorgaben konnten meine Mitstreiter ihr Ding machen und gleichzeitig die Sicherheit haben, dass ein Backup in Form eines älteren und erfahreneren Gruppenführers greifbar ist. Sich jemanden als Vorbild zu nehmen, selbst zu machen und Pfadfinderei zu leben. Learning by doing. Viele Dinge haben wir auf unserer Fahrt einzeln oder in der Gruppe besprochen, noch mehr Dinge haben wir in der Umgebung der Natur und in Bewegung unterbewusst an Erfahrung gewonnen. Schlechtes Wetter und Kälte, Anstrengung und körperliche Leistung, sowie Konflikte und Meinungsverschiedenheiten haben uns noch weiter zusammenwachsen lassen.
Ohne zu persönlich zu werden: Wir kennen uns nach dieser Fahrt besser. Wir haben über den Anderen Dinge erfahren oder etwas gesehen, das wir dort gar nicht vermutet haben. Wir sind als Führergemeinschaft noch stärker geworden.
Muuusch oder auch Maximilian ist 22 Jahre alt, seine Lieblingsfarbe ist indifferent und er hat als Haustier ein Smartphone (Snapchat: deutbaum). Außerdem schreibt er von sich selbst in der dritten Person. Seit er 2007 die Pfadfinderei entdeckte, übernahm er schrittweise alle erdenklichen Ämter und Aufgaben und erfüllt die meisten davon noch heute mit Leben. Er ist immer ein offener Ansprechpartner für Gruppenführer und Mitstreiter im Stamm, Bezirk, Landesverband und Bund, zum Beispiel auch für dich. Ansonsten arbeitet er gerade als Art Director in einer Münchner Werbeagentur. Wenn er weder für das eine noch das andere arbeitet, findest du ihn auf einem Berg, vorzugsweise mit Wanderschuhen am Fuß und Gitarre in der Hand, wahlweise Kamera, beides überfordert ihn.